Ich spüre, wie eine Hand hinter mich greift und etwas auf mein Hemd klebt. Ich schaue nach unten und sehe einen weißen Aufkleber mit meinem Namen in ukrainischer Schrift: Аня.
Ein Mädchen taucht hinter mir auf und schenkt mir ein schüchternes Lächeln. Über das Getöse der anderen spielenden Kinder im Raum hinweg sagt sie: „Ich dachte, du solltest auch ein Namensschild haben."
Bevor ich mich für die nette Geste bedanken kann, trifft mich ein springender grüner Ball im Gesicht. Die Jungen wollen noch Fußball spielen, bevor die anderen Kinder eintreffen und das Programm beginnen kann. Sie beschließen, dass die Tische auf beiden Seiten des Raumes perfekt als Tore geeignet sind. Sie spielen zu zweit gegen mich alleine, und das ist eine überraschend schwierige Herausforderung.
„Ich werde dieses Tor schaffen!", rufe ich, bevor ich auf dem glatten Boden ausrutschen und darauf lande, während der grüne „Fußball“ unbewegt vor mir liegen bleibt. Ich lache, als einer der Jungen einfach hinläuft und ihn in mein Tor schießt.
Mitten in unserem Fußballspiel ziehen mich ein paar Mädchen in ihren Springseil-Wettbewerb und ein anderer Freiwilliger kommt, um meinen Platz im Fußballspiel einzunehmen. Ein paar Minuten später sind alle ukrainischen Flüchtlingskinder, die im Hotel wohnen, versammelt und es ist Zeit, das Kinderprogramm offiziell zu beginnen.
Ich schicke ein kurzes Gebet zu Gott um Kraft und dafür, dass die Kinder durch uns seine Liebe zu ihnen spüren, und dann versuche ich, sie in einem Kreis zu versammeln. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen gelingt es mir, etwa die Hälfte von ihnen davon zu überzeugen, mit den übrigen Freiwilligen und mir ein Lied zu singen.
Meine Eltern sind vor 26 Jahren aus der Ukraine in die USA ausgewandert, und wir sind in den Sommern meiner Kindheit oft in die Ukraine gereist, um unsere Verwandten zu besuchen. Die Nachricht vom Einmarsch Russlands in die Ukraine hörten wir zum ersten Mal von meinem Onkel, der uns am späten Abend des 23. Februars (in der Ukraine war es der Morgen des 24. Februars) erzählte, dass er nicht weit von seiner Wohnung in Kiew Bomben hören konnte.
In den folgenden Wochen schickte ich ständig Textnachrichten, um mich nach dem Wohlergehen meiner Verwandten zu erkundigen, verfolgte ständig die Nachrichten und betete und bat andere, für die Ukraine zu beten. Während meine Füße auf dem Campus meiner Universität festsaßen, blieben mein Herz und meine Gedanken in der Ukraine. Ich beschloss, meine Energie darauf zu verwenden, einen Weg zu finden, wie ich meinen Sommer damit verbringen könnte, den vom Krieg Betroffenen zu helfen, und Gott führte mich schließlich zu einem Kurzeinsatz im OM-Team in Polen.
Als ich am 8. Juni in Polen ankam, befanden sich die Mitarbeiter noch immer an der polnisch-ukrainischen Grenze, hatten aber gerade eine neue Arbeit in der nahe gelegenen Stadt Okuninka begonnen, wo viele ukrainische Flüchtlinge in Hotels untergebracht worden waren. Jeden Wochentag führte das Team an zwei verschiedenen Orten ein Kinderprogramm mit Liedern, Spielen, Snacks, Bastelarbeiten und Bibelgeschichten durch. Während der Zeit, in der ich als Freiwillige bei OM arbeitete, begannen die Kinder unseren weißen Missionsbus zu begrüßen, während er noch zu einem Parkplatz rumpelte, und umarmten mich, sobald ich ausstieg.
In meinen ersten beiden Wochen in Polen führte unser Team mit den Flüchtlingskindern ein Programm zur Traumabewältigung durch, bei dem wir mit ihnen über die verschiedenen Emotionen sprachen, die sie empfinden könnten, und über einige gesunde Bewältigungsstrategien. Die Kinder erzählten uns anhand von Bildern, die sie gemalt hatten, wie sie Angst hatten, dass eine Bombe oder ein Panzer ihr Haus in der Ukraine zerstören könnten, und wie traurig sie waren, als sie ihre Väter und Haustiere zurücklassen mussten.
Für Kinder, die solches Leid erfahren haben, gibt es keine Patentrezepte. Es gibt nur die Liebe Gottes, die wir ihnen zeigen können, indem wir uns um ihre praktischen und geistlichen Bedürfnisse kümmern.
Manchmal war es schwer, die Früchte der Arbeit mit den Kindern zu sehen – die Tage und Wochen liefen zusammen wie die Farben auf dem unordentlichen Meisterwerk eines Vorschulkindes. An manchen Tagen fragte ich mich, ob die Kinder die Bibellektionen verstanden, die wir ihnen erzählten, oder ob unsere Anwesenheit ein wenig Freude in ihre aktuelle Situation brachte. Nach ein paar Wochen jedoch sagten uns mehrere Mütter und sogar die Manager der Hotels, in denen die Flüchtlinge lebten, dass sie einen positiven Unterschied bei den Kindern bemerkten, seit wir mit ihnen arbeiteten.
Schließlich öffnete die Arbeit unseres Teams mit den Kindern OM in Polen die Tür für die Betreuung einer Gruppe von etwa 60 ukrainischen Flüchtlingen, die alle in Okuninka untergebracht waren. Wir veranstalteten ein Grillfest und einen Spieleabend für sie und starteten sogar einen Dienst für Teenager und Frauen.
In meiner letzten Woche in Polen bastelte unser Team mit den ukrainischen Frauen Lesezeichen, auf denen die Worte Hoffnung und Ukraine standen. In den dunkelsten Zeiten leuchtet Gottes Hoffnung für die ukrainischen Flüchtlinge in Okuninka hell auf.
Anja berichtete von ihrem Kurzeinsatz an der polnisch-ukrainischen Grenze.
Weitere Infos zum OperationSafe-Programm im Video:
Kurzeinsätze in Polen Spenden für die Ukraine