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“At least 25 people have established an amazing ministry in the Kabyle [area],” Youssef, OM Algeria Field Leader explained. “Looking back, it’s amazing what God has done.”

Mutig um Jesu willen

Jesus-Nachfolger in Algerien sind mit Verfolgung, Kirchenschließungen und Anklagen vor Gericht konfrontiert - der Preis dafür, Jesus zu folgen und seine Liebe mit anderen zu teilen.

„Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: 'Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.' Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ – Römer 8,35-39 (LUT)

Omair* richtete sich auf und bewegte sich leicht, als der Gerichtssaal still wurde und er darauf wartete, dass der Richter das Urteil über seine letzte Berufung verkündete. Einige Jahre zuvor war sein Geschäft geschlossen worden, als er angeklagt – und freigesprochen worden war – christliche Literatur gedruckt und verteilt zu haben. Letztes Jahr hatte er von der erneuten Anklage durch einen Zettel erfahren, der unter der Tür der von ihm geleiteten Kirche hindurchgeschoben wurde, wenige Monate bevor auch diese von der algerischen Regierung geschlossen wurde.

Als der Richter eine einjährige Bewährungsstrafe und eine Geldstrafe verkündete, seufzte Omair, dankbar, dass er nach Hause zu seiner Frau und seinen beiden Kindern im Teenageralter gehen kann und nicht ins Gefängnis muss. Mit Brüdern und Schwestern auf der ganzen Welt, die ihn im Gebet unterstützen, wird Omair weiterhin Berufung gegen die Anschuldigung einlegen, aber es ist nicht das erste Mal, dass er vor Gericht steht. Angesichts des drohenden Verlustes seiner Freiheit ist er sich des Preises bewusst, den es kostet, Gottes Liebe in seinem Land aktiv weiterzugeben: geistlicher Widerstand, der sich in physischer Verfolgung manifestiert.

„Ich stand mehr als 14-mal wegen aller möglichen Anschuldigungen vor dem Richter“, erklärt Omair. „Gott hat mich in Freiheit gehalten, um den Dienst fortzusetzen und vielen anderen seine Liebe zu verkünden. Das Wort Gottes zu lesen, zu fasten und zu beten, Bibelverse über Angst auswendig zu lernen und zu sehen, wie viele Leben verändert und umgewandelt werden – so bin ich um Jesu willen mutig geblieben.“

In den schneebedeckten Bergen der Kabylei – dem Geburtsort der algerischen Erweckung – kamen die Jesus-Nachfolger in einer der größeren Kirchen mit weit über 1000 Besuchern eine Stunde früher, um sich einen Platz zu sichern. Während dieser Zeit füllte sich die Kirche leise mit Menschen, die sich individuell auf die Anbetung Gottes vorbereiteten und die Gegenwart des Heiligen Geistes willkommen hießen. Die Gottesdienste zogen sich dann regelmäßig über drei weitere Stunden mit Anbetung, Lehre und Gebet hin. Danach wollten die Menschen immer noch nicht gehen, sondern verbrachten die Zeit in geselliger Runde.

Seit dem ersten Einsatz in dieser Region im Jahr 1981, als sich etwa 40 junge Männer während eines Fußballturniers für die Nachfolge Jesu entschieden, hat das Licht Christi Hunderttausende von Algeriern zum Leben erweckt und unzählige Hauskreise und Gemeinden ins Leben gerufen. Omair selbst entschied sich in seinem Heimatdorf in der Kabylei-Region für die Nachfolge Jesu. Dort erzählte ihm ein Christ von der Liebe Gottes und dem Weg in den Himmel. Omair, der sich zu dieser Zeit regelmäßig an Debatten über den Islam und das Christentum beteiligte, beschloss, die Bibel zu lesen, um in seinen Argumenten besser gewappnet zu sein. „Als ich das Wort Gottes las, war ich überzeugt, dass Jesus die Wahrheit ist“, erinnert er sich.

Die junge algerische Kirche wurde zwar von der Regierung anerkannt, war aber auch von Anfang an von Verfolgung bedroht. Wie Omair lernten die frühen algerischen Christen Verse über die Überwindung der Angst auswendig und waren sich bewusst, dass ihre Entscheidung, Jesus nachzufolgen, den Verlust ihres Lebensunterhalts – und sogar ihres Lebens – bedeuten könnte. „Gott hat die Kontrolle, und er ist souverän“, ist sich Omair sicher. „Keines unserer Haare fällt außerhalb seines Willens. Warum sollten wir Angst haben oder besorgt sein?“

Gottes Frieden ist größer als Verfolgung

Im November 2017, mehrere Jahre vor den von der Regierung verhängten Versammlungsbeschränkungen, sahen sich algerische Jesus-Nachfolger außerhalb der Küstenstadt Oran mit einem klebrigen roten Wachssiegel konfrontiert, das das Türschloss verdeckte und von der Metallplatte des Türgriffs am Haus der Hoffnung, einer bekannten protestantischen Kirche und einem Zentrum für verschiedene Dienste, heruntertropfte. Auf Anordnung des Gouverneurs von Oran wurden alle Aktivitäten und Versammlungen sofort eingestellt – im Haus der Hoffnung und in mehreren anderen Kirchen, die über das ganze Land verstreut sind.

Im September 2018 begannen Christen in Algerien, die in der Algerischen Evangelischen Kirche (EPA) zusammengeschlossen sind, ein Jahr des Gebets und des Fastens rund um die Uhr, um göttliche Stärkung für eine Situation zu erlangen, die sich von 2019 bis 2021 noch verschärfte. Weitere Kirchenschließungen, mehr Druck auf Landbesitzer, die Flächen an Christen vermieten, mehr Verfolgung für einzelne Christen, einschließlich Gefängnisstrafen für diejenigen, die der Bekehrung anderer beschuldigt werden. Anstatt die Schließung von Kirchen zu veranlassen, wurden sie durch die Gesundheitsbeschränkungen verschärft, die es der algerischen Regierung ermöglichten, die Versammlungen protestantischer Christen weiterhin zu unterdrücken.

Youssef, Vizepräsident der WPA, und seine Frau Hie Tee, Pioniere und Leiter der Missionsschulungs- und Jüngerschaftsbewegung in Algerien sowie Gründer des Hauses der Hoffnung, betrachten die jüngste Form der Verfolgung als „ganz normal“, wie Hie Tee energisch erklärt. „Wir machen alle weiter, weil wir weiterhin standhaft bleiben und den Herrn für uns kämpfen lassen müssen.“

Das Paar hat eine Wohnung in Algerien, die ebenso wie das Haus der Hoffnung in den ersten Tagen der von der Regierung veranlassten Kirchenschließungen versiegelt wurde. Um weiterhin dort leben zu können, erzählte Hie Tee von ihrer kreativen Lösung, die von ihrer Hartnäckigkeit und Ausdauer zeugt: „Wir haben das Fenster in eine Tür verwandelt. Der Herr gibt uns den Mut und den Frieden, das zu tun, was wir tun müssen.“

Wenn jemand diesen Frieden vom Herrn hat, so erklärt sie, kann ihn nichts mehr aufhalten – „egal ob es sich um Verfolgung, Not oder Kampf handelt“.

„Der größte Fehler, den die Kirche machen kann, ist, der Angst nachzugeben“, berichtet Youssef zuversichtlich.

Durch ihre Standhaftigkeit ist die algerische Kirche zu einem Beispiel für andere Christen in der Region geworden, insbesondere für solche mit muslimischem Hintergrund. Die algerischen Christen sind „alle muslimische Konvertierte, aber sie haben keine Angst; sie widersetzen sich den erzwungenen Schließungen“, beschreibt Youssef. „Sie wollen ihre Kirchen offen halten, und das hat ihnen viel Hoffnung gegeben und auch der Welt gezeigt, dass es möglich ist: Sie sind nicht nur bereit zu glauben, sondern auch zu leiden.“

Dieses Leid hat auch internationale Unterstützung hervorgerufen. „Die Reaktion der Weltkirche war einfach unglaublich“, sagte Youssef und erwähnte einflussreiche Persönlichkeiten aus den USA, Frankreich und der Schweiz, die sich für die algerischen Christen eingesetzt haben. Durch die Verfolgung sei die algerische Kirche „geliebter, bekannter und geschätzter“ geworden, stellt er fest.

Und obwohl es den Christen in Algerien nach wie vor verboten ist, sich in großen Gruppen in Kirchengebäuden zu versammeln, verbreiten sie das Evangelium im Internet durch ausgedehnte Dienste in den sozialen Medien und durch zahlreiche Internet-Fernsehsendungen, die auf Arabisch, Kabylisch und Französisch ausgestrahlt werden. „Selbst inmitten all dessen kommen die Menschen zum Glauben“, freut sich Youssef.

*Name geändert

Eine Version dieses Artikels erschien zuerst in der Globe-Ausgabe 2022 von Christianity Today unter dem Titel „The Biggest Mistake the Church Can Make".

 

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