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Foto von Markus Spiske auf Unsplash, Menschen bei einer Demonstration, Schilder, Gestaltung ist Haltung, Creatives for Future

Protest

Ein ungewohntes Bild: Man geht in Deutschland wieder auf die Straße, um zu protestieren. Man dokumentiert, dass man Missliebiges nicht einfach so gewähren lässt. Inwiefern dieses Thema für Künstler relevant ist, steht außer Frage: Wenn sich Unzufriedenheit entlädt, findet sie seit je her kreative Wege, um sich Gehör zu verschaffen - nicht erst seit Bob Dylan, „Rock gegen rechts“ und schmelzenden Eisblöcken in London als Protest gegen den Klimawandel.  

Zitat: "Wenn sich Unzufriedenheit entlädt, findet sie seit je her kreative Wege, um sich Gehör zu verschaffen."

Es scheint aber auch eine kulturelle Frage zu sein, wie schnell man Plakate malt und zum Megaphon greift: Manche Menschen sind duldsamer als andere... oder wurden zur Konformität erzogen... Merkwürdigerweise neigen gerade wir „zur Freiheit berufenen“ (Gal 5,13a) Christen dazu, nicht offen über Missstände zu reden oder kontrovers zu diskutieren, wahrscheinlich weil es uns an einer konstruktiven Diskussions- und Streitkultur fehlt. Und so stellt sich dem gläubigen Künstler die Frage, wie weit Protest für einen Menschen gehen darf, der einen Lebensstil der Vergebung pflegt. Dass es in christlichen Kreisen selten Kunstwerke gibt, die sich mit konstruktiver Kritik an Missständen beschäftigen, liegt sicher nicht an mangelnden Ideen, sondern vermutlich daran, dass die Frage ungeklärt ist, ob segenwirkender Protest unter Christen überhaupt sein darf/soll.
 

Zitat: "Protest beginnt mit einer ehrlichen Wahrnehmung."

Dabei geht es nicht nur um den großen Aufschrei. Protest beginnt mit einer ehrlichen Wahrnehmung: Dinge sehen wollen, die nicht den biblischen Werten entsprechen. Verhalten unter Glaubensgeschwistern registrieren, das nicht dem „Geist Jesu“ entspricht. Hinschauen auf die kleinen Ungerechtigkeiten des Alltags. Amtsanmaßungen in Kirchen und Gemeinden bewusst nicht übersehen. Doch wie soll man als Christ dagegen protestieren, ohne sich selbst eines Fehlverhaltens schuldig zu machen, das zwar anders gelagert, aber ebenso fragwürdig ist?
 

Zunächst sind wir als Künstlerpersönlichkeiten, die gern „andere“ Wege gehen wollen, gerufen, innerlich aufzustehen. Dieser Ruck im Herzen, der die kalte Schale der Gleichgültigkeit durchbricht, ist wesentlich. Wer sich als „prophetischer“ Künstler bezeichnet, muss sich vergegenwärtigen, dass das Prophetische aufsteht gegen Manipulation und Einschüchterung. Wer für sich geklärt hat, ob er als Christ und Künstler protestieren darf, ohne damit seine Freiheit „als Freibrief für das eigene Ich“ zweckzuentfremden (Gal 5,13b), wird sich über Ideenmangel nicht beklagen können! Es gibt so viele Möglichkeiten, still oder laut Position zu beziehen.


Protest kann sich in einem verzweifelten „Nie wieder!“ äußern, aber es muss nicht immer ein knallrotes „Stop!“ sein. Oft besteht der wirksamste Protest darin, im „entgegengesetzten Geist“ zu reagieren: den Machtgierigen den Wind aus den Segeln nehmen, indem man bewusst selbst auf Macht verzichtet oder im Angesicht derer, die ihre Agenda durchdrücken, bewusst nicht nach dem Eigenen trachten - eine etwas „andere“ Form von Protest.
 

Zitat: "Protest sollte hoffnungsvoll Alternativen suchen."

Protest durch Kunst muss manchmal trotzig sein, den Verstärker aufdrehen oder irritierende Bilder zeigen. Er muss sich wehren, aber auch vorausdenken. Es darf nicht nur dystopische Kunst sein, die düster in die Zukunft blickt. Protestierende Kunst stellt Fragen („Muss es wirklich so sein?“) und liefert nicht immer Patentantworten („So muss es sein!“). Protest sollte hoffnungsvoll Alternativen suchen und im Geiste Christi, der massiv gegen die Zweckentfremdung des Hauses Gottes protestierte, das Reich und die Ehre Gottes und das Wohl der Menschen vor Augen haben.

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