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Sharing Christ’s love with refugees at Open House in Bihać, Bosnia and Herzegovina.

Eine kleine Sache

OM-Mitarbeiter Rafael wuchs in einer traditionellen katholischen Familie in Costa Rica auf. Aber schon damals bereitete Gott ihn darauf vor, auf der anderen Seite des Globus den Vergessenen der Gesellschaft zu dienen.

OM-Mitarbeiter Rafael wuchs in einer traditionellen katholischen Familie in Costa Rica auf. Aber schon damals bereitete Gott ihn darauf vor, auf der anderen Seite des Globus den Vergessenen der Gesellschaft zu dienen.

Als kleiner Junge liebte Rafael Geografie und etwas über andere Länder zu lernen. Er verbrachte Stunden damit, Bücher und Karten zu studieren, sich Städtenamen einzuprägen und verschiedene Orte zu vergleichen. Vor allem der Balkan interessierte ihn, und er las viel über die Geschichte und Kultur der Region. Als in den 1990er-Jahren der Krieg in Jugoslawien ausbrach, verfolgte er aufmerksam die Nachrichten darüber. Hinter den Kulissen zog Gott Rafael weiterhin zu sich. Als Rafael fünfzehn Jahre alt war, lud ihn ein Cousin zu einem Jugendlager ein. Dort lernte er einen anderen Zugang zu Jesus Christus kennen. „Die Idee einer Beziehung zu Jesus Christus jenseits der traditionellen Schranken erregte meine Aufmerksamkeit“, erzählt Rafael. Damals begann Rafael, sich auf einer persönlicheren Ebene für Jesus zu engagieren. Er interessierte sich auch dafür, Jesus kulturübergreifend zu dienen. Er studierte internationale Angelegenheiten an der Universität und engagierte sich stark für die Missionsarbeit in seiner Heimatgemeinde. Als er spürte, dass Gott ihn weiter ins Ausland rief, kam ihm sofort der Balkan in den Sinn. „Es war ein Ort, der schon immer meine Aufmerksamkeit erregt hatte“, sagt er. Er recherchierte über Missionsorganisationen und fand heraus, dass OM im Balkan tätig war, also ging er zum OM-Büro und erkundigte sich nach Möglichkeiten zur Mitarbeit. „Ich fühlte mich irgendwie vorbereitet, als der Moment kam“, erinnert er sich. 2011 trat er dem OM-Team in Bosnien-Herzegowina bei.

Rafael verbrachte viereinhalb Jahre in Bosnien-Herzegowina. Er lernte die Landessprache, diente als Musiker in der Kirchengemeinde vor Ort und knüpfte Beziehungen zu Nichtchristen in der Nachbarschaft. Nach einem ersten Zeitabschnitt kehrte er nach Costa Rica zurück, um zu heiraten. Dann zog er mit seiner Frau Priscilla nach Deutschland, wo er einen Master-Abschluss in interkultureller Theologie erwarb. Aber er wusste, dass er nach Bosnien-Herzegowina zurückkehren würde. Bevor er abreiste, hatte er sich noch nicht einmal endgültig verabschiedet. „Ich habe den Leuten gesagt: ,Ich komme wieder‘“, berichtet er. Und das tat er 2018 dann auch.

Währenddessen führten im Nahen Osten der Bürgerkrieg in Syrien und die politischen Unruhen in den Nachbarländern zur Vertreibung Tausender von Menschen. Tausende von Flüchtlingen begannen nach Europa zu strömen. Als die Krise anhielt, begannen die Länder der Europäischen Union, ihre Grenzen für die Flüchtlinge zu schließen. Viele Flüchtlinge begannen durch Bosnien-Herzegowina zu reisen, um das EU-Land Kroatien zu erreichen. OM hatte ein Team in Bihac, einer Stadt nahe der kroatischen Grenze, wo sehr viele Geflüchtete waren.

Das OM-Team hat ein Open House eingerichtet. Darin bieten die Mitarbeiter hausgemachte Mahlzeiten, eine warme Dusche und einen Ort zum Ausruhen für müde Flüchtlinge, die aus ihren Häusern vertrieben wurden und Hunderte von Kilometern zu Fuß zurückgelegt haben, oft in der Kälte und bei rauen Wetterbedingungen. „Sie werden oft misshandelt, manche werden sogar geschlagen", stellt Rafael fest. „Sie kommen schmutzig und müde an, und wir sagen: ‚Kommt rein, nehmt eine heiße Dusche'". Auch wenn eine heiße Dusche eine Kleinigkeit sein mag, hofft das Team, den Flüchtlingen Mut zu machen und ihnen mentale und emotionale Unterstützung zu bieten. Einige Flüchtlingsfamilien sitzen seit fast zwei Jahren fest, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen oder weil sie körperlich nicht in der Lage sind, weiterzuziehen. Einige haben es auch in die EU geschafft, wo sie jedoch auf Ablehnung stoßen. Viele andere bleiben den Winter über und setzen dann ihre Reise fort, wenn im Frühjahr besseres Wetter herrscht. Dem Team ist es gelungen, Beziehungen zu diesen Flüchtlingen aufzubauen, und sie bleiben in Kontakt miteinander. „Einige von ihnen haben Asyl gefunden“, berichtet Rafael, „sie versprechen uns: ,Wenn ich meine Papiere habe, komme ich zurück und besuche euch.‘“

Dieser Dienst hat dem OM-Team auch die Tür geöffnet, um das Evangelium zu verkünden. „Viele der Flüchtlinge sind neue Christen, und einige haben sogar Christus kennengelernt, als sie hier waren“, freut sich Rafael. „Sie sahen uns als Menschen mit einer Art religiöser Autorität, und so wurden wir in der Regel gebeten, für sie zu beten und mit denjenigen zu beten, die sich entschlossen, Jesus nachzufolgen ... einige von ihnen baten sogar um die Taufe, was wir immer mit den örtlichen Pastoren koordinierten.“ Diejenigen, die es nach Europa geschafft haben, haben sich dort Glaubensgemeinschaften angeschlossen. Es war für die Flüchtlinge auch schwierig zu verstehen, warum das Team in Bihac aus anderen, wohlhabenderen Ländern kam, um ihnen zu helfen. „Wir haben viele Gespräche mit Flüchtlingen, die fragen: ,Warum macht ihr Ausländer das hier?‘“, erzählt Rafael. „Sie befinden sich in einem Dilemma – sie sagen: ,Wir versuchen, an bessere Orte zu gelangen, warum kommt ihr an diesen kaputten Ort?‘ Wir sagen ihnen, dass es nicht immer darum geht, an einen Ort zu gehen, an dem alles besser für mich ist. Man kann auch in ein kaputtes Land gehen und Erfüllung darin finden, anderen zu dienen.“

Obwohl die Flüchtlinge, die zum Dienst des Open House kommen, in der Regel nicht lange bleiben, hofft das Team, dass diese ‚kleinen Dinge‘, die sie mit den Menschen geteilt haben, langfristig Früchte tragen wird. „Wir sehen noch kein Ende dieser [Flüchtlings-]Krise, aber bei den Menschen, mit denen wir in Kontakt sind, ist sie nur von kurzer Dauer", sagt Rafael. „Sie freuen sich immer darauf, weiterzuziehen, wegzugehen und wir wissen, dass unser Dienst bei ihnen nur vorübergehend ist ... Unser Gebet und Ziel ist es, dass die Migranten und Flüchtlinge, die das Evangelium nicht kennen, zur Erkenntnis Christi kommen, während wir ihnen die Liebe Christi auch auf praktische Weise zeigen."

Und sei es nur durch das Angebot einer heißen Dusche.

Rafael berichtet über seine Arbeit in Bosnien (Englisch):

 

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